Sonntag, 28. August 2011

Portrait: kinderkinder!

"Ich will nicht, dass es aufhört!" Ein Interview mit Stephan von Löwis of Menar, Geschäftsführer des KinderKinder e.V.

lwis-mopsDa sitzen wir nun in dem kleinen Büro in der großen Bäckerstraße, der Schaltzentrale des KinderKinder Vereins. Das Maskottchen Fidel Mops grinst von seinem Podest herunter und Stephan von Löwis rollt vergnügt auf seinem AOK-Ball hin und her. Er zeigt mir gerade sichtlich stolz die Photos vom diesjährigen 'laut und luise' Musikfest. Trotz Dauerregens und einem Bruchteil der erwarteten Besucher sind wunderbare Bilder entstanden.
 1987 entschloss von Löwis sich dazu, seine Karriere als Organisator von Rockkonzerten zugunsten Hamburger Kinderkultur an den Nagel zu hängen. Seit nun mehr 24 Jahren plant und veranstaltet er Musik- und Theaterfestivals, Workshops und Ausstellungen für Kinder jeden Alters. Darunter auch das internationale Musik- und Theaterfestival 'KinderKinder', das Künstler aus aller Welt magisch anzieht. Es umfasst rund 60 Veranstaltungen, verteilt auf die Bühnen unserer Hansestadt, und zählt im Schnitt bis zu 40.000 Besucher. Stephan von Löwis ist eine beeindruckende One-Man-Show und strotz nur so vor kreativer Energie. Seine Lebensaufgabe ist es, die bunte Welt der Kultur zu unseren Kids zu bringen und das bereitet ihm offensichtlich immer noch viel Spaß.

Im September heißt es wieder für drei Monate 'KinderKinder'! Worauf können wir in diesem Jahr freuen? Dürfen Sie schon ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern?

Von Löwis guckt verschwörerisch und rückt dann doch damit raus: Eigentlich wird das eigentliche Programm erst auf der Pressekonferenz am 3. August bekannt gegeben aber ich kann hier schon verraten, dass es in diesem Jahr viel Tanztheater geben wird. Ich habe sehr gute Produktionen unter anderem aus den Niederlanden und aus Dänemark gesehen. Das ist dann etwas für etwas ältere Kinder ab 8 Jahren. Für Kleinkinder werden wir dieses Jahr ein sehr schönes Stück wieder aufnehmen, das aus Belgien kommt: Bramborry, gestaltet von einer Tschechischen Kinderbuchkünstlerin.

Sie waren in Indien und planen eine Co-Produktion mit indischen Künstlern, können wir es schon bei diesem Festival auf der Bühne sehen?

Wir werden am 21. Oktober unsere Ur-Aufführung haben! Ein indischer Regisseur, Dadi Pudumjee, ein deutscher Puppenspieler, Matthias Kuchta und drei indische Musiker gestalten aktuell noch das Stück. Es basiert auf einem alten buddhistischen Märchen, das wir umgeschrieben haben und wird für Kinder ab 6 Jahre sein. Sehr spannend! Ein wenig später erfahre ich, dass auch mein Gesprächspartner den Text für das Stück schreibt.

lundltemporDas 'KinderKinder' Festival bietet seinem Publikum neben bekannten Kinderhelden wie Frederik Vahle oder Rolf Zuchowski auch viel Kultur aus anderen Teilen unsere Welt an, wie sind die Kontakte zu den Künstlern entstanden?

Das ist ganz unterschiedlich. Frederik Vaihle ist etwas ganz Besonderes, denn normaler Weise bemüht sich das Festival jedes Jahr unserem Publikum neue Entdeckungen vorzustellen. Frederik Vahle war schon beim ersten Festival dabei und ich glaube auch bei allen danach. Er ist ein guter Freund von mir und ich halte ihn für einen hervorragenden Autor. Man kann außerdem sagen, dass er unser treuester Sponsor ist, weil er so viel Publikum zieht, dass wir mit seinen Veranstaltungen tatsächlich Geld verdienen und das dann in die anderen Produktionen stecken können.

Ist es schwierig die Künstler von ihrer Idee zu überzeugen?

Von Löwis schmunzelt. Die Künstler wissen unser Spitzenpublikum sehr zu schätzen und kommen gern nach Hamburg.

Was unterscheidet die kleinen Gäste eigentlich von den erwachsenen Kulturliebhabern?

Generell muss man zunächst thematisch unterscheiden, da Kinder andere Inhalte interessieren, als Erwachsene. Dann muss es natürlich dem Entwicklungsstand angemessen sein, denn Babystücke sind ganz anders aufgebaut als die für 6-Jährige. Das Schönste ist jedoch, dass das Publikum in der Regel sehr direkt und unmittelbar in seiner Reaktion auf die Stücke ist, was ich sehr geniesse!
Und für Kinder ist alles neu, sei es Johann Sebastian Bach oder John Cage. Alles ist aufregend. Meine tiefste Überzeugung ist es, dass es immer in der höchsten Qualität präsentiert werden muss. Und für Veranstalter hat es einen grundlegenden Vorteil: Man kommt viel früher ins Bett, wenn ich da an meine Rockkonzerte von früher denke...

PanflteessenSie sagen selbst, dass die Produktionen auch für kleine Gäste von höchster Qualität sein müssen, das kostet aber Geld – wie finanziert der Verein dieses Angebot an Musikveranstaltungen und Theateraufführungen?

Gott sei Dank kriegen wir viel Geld von der freien Hansestadt, vor allem von der Kulturbehörde. Das deckt über die Hälfte unserer Kosten. 20 Prozent sind Eintrittsgelder. Das ist nicht besonders viel aber wir gestalten die Eintrittsgelder bewusst so, dass es sich alle Familien leisten können. Den Rest müssen wir mit privaten Geldern finanzieren. Stiftungen und Sponsoren, was leider sehr viel schwieriger geworden ist.

Wie sieht Ihre schönste Erinnerung an die Festivals der vergangenen Jahre aus?

Mein Gesprächspartner schaut an die Decke und lächelt: Ach, das sind so viele, aber eines hat sich mir eingebrannt: Ich habe ein wunderbares John Cage Konzert auf Kampnagel veranstaltet und saß selbst mit im Publikum. Ein Junge hinter mir meinte plötzlich: „Geil, Geräusche!“ und als der Schlussapplaus dann kam, meinte das Mädchen daneben ganz traurig: „Ich möchte nicht, dass es aufhört!“ Das hat mir doch schon sehr gefallen.

Wir freuen uns sehr auf das Festival und sind natürlich auch mit dabei! Vielen Dank für das Gespräch!

(Fotos: Richard Stöhr)

Mittwoch, 24. August 2011

Orchester zum Essen

PanfltebabyEs ist Sonntag, draußen regnet es Bindfäden, drinnen laufen die Kinder Amok und mein Mann bohrt mit der Hilti Löcher in eine Karotte. Keine Angst, mein Gatte ist nicht verrückt geworden und er nimmt auch 'Experimentalküche' noch nicht wörtlich. Wir bereiten uns vielmehr auf das Kinder Musikfest 'laut und luise' vor, das wie jedes Jahr vom 'KinderKinder' e.V. ausgerichtet wird und Planten und Blomen zum Klingen bringt. „Und was ist mit den Möhren??“ höre ich da meine aufmerksamen Leser rufen. Die Möhren werden Claves, Klanghölzer für das große Kinder-Gemüseorchester, das mit Kohlrabi-Ratschen und Paprika-Trommeln unser junges Gemüse zu Musikanten werden lässt.

Komplett in Gummi verpackt machen wir uns also auf dem Weg in die Stadt, um unsere selbst gebohrten Instrumente zum Einsatz zu bringen – wir sind wild entschlossen, dem Hamburger Schietwetter zu trotzen und die erste Möhre im Orchester zu spielen. Außerdem nagt der Hunger und zum großen Finale werden doch die Musikinstrumente genüsslich verspeist.

MusicalNeben dem großen Gemüseorchster gibt es noch so viele andere Dinge zu entdecken: Auf zwei Bühnen können die kleinen und großen Musikfans tolle Auftritte sehen, darunter Hexe Knickebein, das Operloft und die Musical Akademie. Letzteres hat das Leben meiner Tochter direkt auf die Laufbahn eines Musicalstars gelenkt und meines auf die einer persönlichen Musicalstar-Taxiunternehmerin.

Der KinderKinder Verein veranstaltet jedoch nicht nur 'laut und luise' sondern auch das Highlight der Kinderkultur-Veranstaltungen in Hamburg: Das internationale Musik und Theaterfestival 'KinderKinder'. Von September bis November finden dann bis zu 60 Veranstaltungen für Kulturfreunde von 3 bis 99 Jahren auf Hamburger Bühnen statt. Für jeden Geschmack ist etwas dabei: Sei es Babyoper und Tanztheater für Kleinkinder oder Jazzmärchen und Schrottmusik-Workshops für die Größeren. Henrik Vahle und Rolf Zuchowski zählen zu den treuen Freunden des Festivals und sind zur Freude der Kinder und Mamis fast jedes Jahr dabei. Und mal ehrlich Mädels, wer hat noch nie beim 'Nackideilied' von Rolf Zuchowski entzückt mitgeträllert?

Dass jährlich mehr als 40.000 Besucher dieses Festival genießen können, ist hauptsächlich Stephan von Löwis of Menar zu verdanken. Er leitet seit 24 (!) Jahren den Verein und lebt einfach die Kinderkultur. Ich habe diesen außergewöhnlichen Menschen getroffen und war sehr neugierig auf das kommende 'KinderKinder' Festival im Herbst. Ihr etwa auch? Na, dann kommt doch mit und lernt ihn kennen!


(Fotos: Richard Stöhr)